7.3 C
Basel
Donnerstag, April 18, 2024

Buy now

spot_img

Manor soll vor dem Verkauf stehen

Die Maus-Frères-Gruppe will sich auf Luxusmarken konzentrieren. Das Geschäft mit den Warenhäusern kriselt seit Jahren.

Paukenschlag im Schweizer Warenhausgeschäft: Die Maus-Frères-Gruppe aus Genf soll für ihre Warenhauskette Manor einen Käufer suchen. Das berichtete am Freitag die «Handelszeitung», die sich auf «fünf unabhängige Quellen» stützt.

Eine der Quellen wird mit der Aussage zitiert, Manor stehe schon länger zum Verkauf. Das Dossier sei vor der Pandemie schon einmal aufgelegen und kursiere seit einigen Monaten wieder. Eine andere Quelle, die von der Zeitung als «Insider» bezeichnet wird, will wissen, dass der Verkauf dieser Tage auf die Zielgerade einbiegen werde. Als möglicher Käufer wird Coop genannt, wobei der Detailhandelsriese dies dementiert.

Manor ist die grösste Schweizer Warenhausgruppe. Sie besteht aus 59 Warenhäusern, 27 Manor-Food-Supermärkten und 24 Manora-Restaurants.

Der Chef will sich auf Konsum- und Luxusmarken konzentrieren

Ein Interview, das Maus-Frères-Chef Thierry Guibert vor einer Woche dem «Wall Street Journal» gab, stützt den Bericht der «Handelszeitung». Guibert ist seit ziemlich genau zwei Jahren Chef von Maus Frères und leitet zugleich deren Bekleidungsmarke Lacoste. Zuvor arbeitete er während 14 Jahren als Topmanager beim französischen Luxus- und Konsumgüterkonzern Kering, der vormals Pinault-Printemps-Redoute hiess. Kering zog sich in Guiberts Zeit nach und nach aus dem Warenhausgeschäft (Printemps) und dem Versandhandel (Pinault) zurück, um sich ganz auf Konsum- und Luxusmarken zu konzentrieren.

Nun plant er offenbar etwas Ähnliches bei Maus Frères, wie er dem «Wall Street Journal» bestätigte. «Es stimmt, dass es sehr ähnlich aussieht wie bei Kering, nur in kleinerem Massstab», sagte er. «Wir haben fast alle Schweizer Vermögenswerte verkauft, und alle für den Massenmarkt. Wir waren der Meinung, dass die Wertschöpfung durch Marken und den Erwerb von Marken erfolgen würde.»

In einem ebenfalls vor einer Woche veröffentlichten Interview mit dem Branchenportal «Fashion Network» sagte Guibert, die Manor-Kette habe im vergangenen Jahr ein Umsatzwachstum von 11 Prozent verzeichnet, die Mode- und Sportmarken von Maus Frères hingegen von fast 20 Prozent. Maus Frères gehören die Modemarken Lacoste, Gant, Aigle und The Kooples sowie der Tennissport-Ausstatter Tecnifibre.

Deutlich Umsatz und Marktanteile verloren

Bei Maus Frères und Manor kriselt es schon seit Jahren. Die Gruppe, die im Besitz der schwerreichen und äusserst verschwiegenen Familien Maus und Nordmann ist, verkaufte nach und nach grosse Teile ihres Geschäfts, darunter Citydisc (Musik und Medien), Electroplus (Unterhaltungselektronik), Jeans & Co. (Mode), Fly (Möbel), Athleticum (Sportfachmärkte) und Jumbo (Baumärkte). Im Gegenzug kaufte sie nach und nach höherwertige Modemarken hinzu.

Das Wirtschaftsmagazin «Bilanz» schätzt das Vermögen der Familien Maus und Nordmann seit Jahren auf 3 bis 3,5 Milliarden Franken. Doch 2018 schrieb die «SonntagsZeitung», vieles deute darauf hin, dass es den Hauptaktionären von Maus Frères finanziell auch schon besser gegangen sei. Denn im Kerngeschäft mit den kriselnden Warenhäusern läuft es alles andere als rund.

Seit Jahren verliert die Manor-Kette Umsatz. Zu den besten Zeiten betrug er mehr als 2,5 Milliarden Franken. 2017 veröffentlichte Manor letztmals Zahlen. Der Umsatz war um 2,9 Prozent gesunken, womit die Warenhausgruppe deutlich Marktanteile verlor. Seither dürfte er beträchtlich geschrumpft sein – nicht nur, weil das Flaggschiff an der Zürcher Bahnhofstrasse nach jahrelangem Rechtsstreit schliessen musste.

Der Zeitgeist spricht gegen das gute alte Warenhaus

Manor leidet unter einer Vielzahl von Problemen. Erstens bewegt sich die Kette im mittleren Preissegment und erwirtschaftet den Löwenanteil mit Mode. Genau dieses Geschäft aber ist in den vergangenen Jahren am stärksten unter Druck gekommen, denn die Kundinnen und Kunden kaufen immer mehr online ein, und das auch im Ausland. Zweitens stehen viele Manor-Warenhäuser nicht an Toplagen und weisen nicht genug Rentabilität auf. Drittens hat Manor lange den Onlinehandel vernachlässigt. Viertens spricht der Zeitgeist gegen das gute alte Warenhaus, das wie ein Gemischtwarenladen funktioniert. Gefragt sind Läden, die nur wenige hochwertige Marken anbieten – oder sogar nur eine einzige.

Manor feierte im vergangenen Jahr das 120-jährige Bestehen. Die Kette wurde von Léon Nordmann und den Gebrüdern Ernest und Henri Maus gegründet. Die beiden Brüder führten einen Textilgrosshandel, Nordmann war mit seinem kleinen Kleiderladen einer ihrer Kunden. 1902 gründeten sie zusammen in Luzern das Warenhaus Léon Nordmann – das war die Geburtsstunde des Manor-Konzerns.

Danach gründeten sie im ganzen Land unter Namen wie Vilan, Placette, Innovazione oder Rheinbrücke Warenhausfilialen. Erst ab 1994 traten alle zugehörigen Kaufhäuser in der Deutschschweiz unter dem einheitlichen Namen Manor auf, ab 2000 auch jene in der Westschweiz und im Tessin.


Peter Burkhardt ist Leiter der Wirtschaftsredaktion von Tamedia. Der Historiker und Politikwissenschafter arbeitet seit seinem 18. Lebensjahr als Journalist.Mehr Infos

spot_img

Advertisement

spot_img
spot_img
spot_img