Für den Schweizer Detailhandel kommt zum Jahresende die umsatzstärkste Zeit. Die Betreiber von hiesigen Einkaufszentren blicken dieser Zeit trotz einiger Hürdenoptimistisch entgegen – und lassen sich allerhand Spezielles einfallen.
«Die Wochen vor Weihnachten sind sehr wichtig für die Shoppingcenter und den Detailhandel allgemein», sagt Marcel Stoffel, Gründer der Branchenorganisation Swiss Council of Shopping Places. «Erfahrungsgemäss werden im November und Dezember etwa 20 bis 25 Prozent des Jahresumsatzes generiert», so der Experte.
Um für diese Phase möglichst viele Menschen in die Shoppingcenter zu locken, bieten die Zentren diverse Aktionen und Events an. Denn unter den Betreibern ist klar: Mit Läden allein kann man heute nicht mehr punkten.
Die Mall of Switzerland in Ebikon, mit 65’000 Quadratmetern Fläche das zweitgrösste Einkaufszentrum der Schweiz, hat beispielsweise eine Halloween-Indoor-Minigolfanlage aufgebaut. Dort können die Besucherinnen und Besucher den ganzen Oktober lang in gruseliger Halloween-Atmosphäre spielen und Selfies auf Social Media posten.
Auch die Weihnachtsvorbereitungen laufen schon auf Hochtouren: Die Shopping-Arena St. Gallen etwa baut einen Zug auf, mit dem die Kunden durch eine üppig dekorierte Polarlandschaft fahren können.
Und im Sihlcity in Zürich entsteht ein Baumhaus, in dem sie sich vor Weihnachten mit winterlichen Gerichten verpflegen können. Lichterketten und viel Deko versteht sich bei allen Zentren von selbst.
Erlebnis des Shoppings rückt in den Vordergrund
«Wenn man sich wohlfühlt, bleibt man länger und gibt mehr aus», sagt Stoffel. Ob sich der ganze Aufwand für die Zentren finanziell lohnt, sei allerdings schwierig zu messen. «Doch diejenigen, die bei Besucherevents und Dekorationen sparen, merken das langfristig. Denn die Konkurrenz schläft nicht», sagt er.
Einkaufen lässt sich auch online. Doch gegen Ende Jahr rückt das Erlebnis des Shoppings in den Vordergrund. Damit kann sich der stationäre Handel vom Onlinehandel abheben, erklärt die Detailhandelsexpertin der UBS, Meret Mügeli. Denn gerade das Onlineshopping macht den Zentren zu schaffen.
Zwar ist das Onlinegeschäft im ersten Halbjahr 2024 mit 3 Prozent gegenüber dem Vorjahr stagniert. Aber Mügeli sagt: «Diese Verlangsamung kann man nicht pauschal als eine Verschiebung zurück zum stationären Handel interpretieren».
Vielmehr handle es sich wohl nach dem starken Anstieg im Onlineshopping während der Coronapandemie um einen nach wie vor anhaltenden Normalisierungseffekt. «Andererseits zeigt sich die Nachfrage der Konsumenten insgesamt gedämpft, was sich auch in den Onlinehandelsumsätzen widerspiegelt.»
Die Expertin geht davon aus, dass die gesamten Schweizer Detailhandelsumsätze 2024 real – also unter Berücksichtigung der Teuerung – um 0,3 Prozent steigen werden. «Preisbereinigt zeigt sich eine leichte Verbesserung der Dynamik, da das letzte Jahr von einem deutlichen Nachfrageeinbruch geprägt war», sagt sie.
Die gedämpfte Konsumentenstimmung bemerken auch die Shoppingcenter. «Die allgemeine Teuerung ist natürlich zu spüren», heisst es etwa seitens Sihlcity. Während die Frequenzen in etwa stabil seien, werde gleichzeitig bewusster und günstiger eingekauft und konsumiert, so Centerleiter Sandro Engeler.
Marketing-Aktivitäten nehmen bei allen Zentren zu
Dennoch geben sich die Shoppingcenter grundsätzlich positiv, auch wenn sie keine Umsatzprognosen abgeben. «Im Vergleich zum Jahr 2019 sehen wir eine leicht steigende Tendenz sowohl bei den Umsatz- wie auch bei den Besucherzahlen», sagt Fabienne Diez, Centerleiterin der Shopping Arena St. Gallen. Gegenüber dem Vorjahr seien die Umsätze «stabil», gibt sie an.
Auch beim Detailhandelsriesen Coop, der 50 Shoppincenter wie zum Beispiel das Volkiland, den Letzipark oder das Wankdorf Center betreibt, ist die Entwicklung laut einem Sprecher positiv. «Wir sind zuversichtlich, dass wir unsere Ziele erreichen werden», sagt er.
Experte Stoffel hört aus der Branche Unterschiedliches: «Die Stimmung ist vor allem bei den Zentren gut, die vollvermietet sind. Leerstand fällt den Kunden auf und wirkt sich auf den Gesamtumsatz aus», sagt er.
Tendenziell gehe es den kleinen und den sehr grossen Shoppingcenter ausserdem besser als den mittelgrossen mit Flächen von um die 20’000 Quadratmeter. «Die Kleineren sind häufig als Nahversorgungszentren gut ausgelastet und grössere können dank ihrer Fläche auch Angebote wie Freizeit- oder Gesundheitseinrichtungen integrieren, die Kunden anziehen», sagt er.
Doch unabhängig von der Grösse werden die Marketing-Aktivitäten in den nächsten Wochen bei allen Zentren zunehmen – und die Lichterketten glitzern.