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Donnerstag, April 18, 2024

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Während andere Einkaufszentren darben: Darum läuft es im Emmen-Center

Viele Einkaufszentren klagen über Leerstände. Nicht so das Emmen-Center. zentralplus hat sich auf die Spuren seines Erfolgs gemacht. Und versucht herauszufinden, ob der Einkaufs­komplex als Dorfzentrum Emmens taugt.

Einkaufszentren haben heutzutage einen schweren Stand. Als die Mall of Switzerland in Ebikon vergangenen Herbst den fünften Geburtstag feierte, stand ein Drittel der Läden leer (zentralplus berichtete). Im Luzerner Schönbühl-Center schlossen Anfang Jahr innert kurzer Zeit mehrere Geschäfte (zentralplus berichtete). Zwar ziehen bald wieder neue Mieter ein, aber selbst die Einkaufsallee Metalli an bester Lage vis-à-vis des Bahnhofs Zug musste kürzlich Laden- zu Büroflächen umfunktionieren (zentralplus berichtete).

Diese Probleme scheint das Emmen-Center nicht zu kennen. Direktor Roland Jungo erklärt stolz: «Seit der Gründung 1975 war das Emmen-Center immer voll belegt.» Einzig während Übergangsphasen bei Umbauten hätten einzelne Ladenflächen gezwungenermassen leergestanden.

Den Erfolg führt Jungo auf die lange Tradition des Einkaufszentrums zurück. «Seit bald 50 Jahren ist das Emmen-Center in der Zentralschweiz die erste Adresse für Erlebnis-Shopping.» Besucherinnen profitierten laut Jungo etwa von Gratisparkplätzen, einem breiten Ladenmix, aber auch vom gastronomischen Angebot. Tatsächlich dürfte sich insbesondere auch die Jugend über die vor einem Jahr neueröffnete McDonald’s-Filiale gefreut haben (zentralplus berichtete).

Busfahrplan auf Emmen-Center abgestimmt?

Roland Jungo nennt auch die gute Verkehrsanbindung als Erfolgsfaktor. Und tatsächlich: Abgesehen davon, dass das Emmen-Center vom Bahnhof Emmenbrücke in 10 Minuten zu Fuss erreichbar ist und sich in unmittelbarer Nähe mehrere Autobahnanschlüsse befinden, halten ganze fünf Emmer Lokalbusse an verschiedenen Bushaltestellen rund ums Emmen-Center.

Dabei richtet sich die Verfügbarkeit dieser Busse offensichtlich nach den Öffnungszeiten des Emmen-Centers. Nach Ladenschluss sind es jeweils nur noch drei Busse. Weil sich der Umweg nicht mehr lohnt? Fakt ist: Einst existierte gar eine Strecke, die von der Sprengi via Emmen-Center nach Littau führte – was ob der Extraschleife absurd anmutet.

Doch davon, dass die Ortsbuslinien und -fahrpläne rund um das Emmen-Center geplant worden sind, will Carmen Sanchez nichts wissen. Sie ist in der Gemeinde Emmen für Wirtschaftsförderung und Standortmarketing verantwortlich. «Die ÖV-Planung ist nicht explizit auf den Standort Emmen-Center abgestimmt», beteuert sie. «Wohl aber liegt das Emmen-Center direkt an der Seetalstrasse und damit an der wichtigsten Ost-West-Verbindung auf dem Gemeindegebiet.» Mit den Ortsbuslinien würden indes sämtliche Quartiere in der Gemeinde attraktiv erschlossen.

Keine Sorgen wegen Onlinehandels

Noch besser erschlossen als das Emmen-Center ist für die meisten Konsumenten der eigene Briefkasten. Seit Jahren verzeichnet der Onlinehandel ein stetiges Wachstum. Doch gemäss Roland Jungo mache der stationäre Handel immer noch rund 88 Prozent des Detailhandelsumsatzes aus. «Der stationäre Handel erfüllt neben dem eigentlichen Kaufprozess viele soziale Bedürfnisse der Kundinnen. Wir machen uns daher keine Sorgen ums Emmen-Center», gibt er sich optimistisch.

Die persönliche Beratung, die Haptik der Produkte, aber auch die Kinderbetreuung und die Anlässe sprächen für den Einkauf im Emmen-Center. Die Events würde Jungo gar als «USP», als Alleinstellungsmerkmal, bezeichnen. Das Emmen-Center sei letztlich auch ein Ort, wo sich Familien, Nachbarn und Freunde träfen. So etwas wie ein Dorfzentrum also?

Roland Jungo ist Direktor des Emmen-Centers und macht sich um dessen Zukunft keine Sorgen. (Bild: zvg) / Zentralplus

Ein Begegnungsort unter vielen

«Das können wir nicht beurteilen», meint Jungo erst. Um anzufügen: «Wir sehen uns aber sehr gerne als eine Art Dorfplatz, an dem die Besucher praktisch alles an einem Ort finden. Das breite Angebot des Emmen-Centers zeigt sich auch in der Aufenthaltsdauer, die erfreulich hoch ist.»

Dies bestätigt Carmen Sanchez. Das Emmen-Center ziehe tagtäglich zahlreiche Kundinnen jeden Alters an und lade sicherlich auch zu längerer Verweildauer ein. «Eine gewisse Sogwirkung ist hier also gegeben.» Doch dieselben Effekte liessen sich auch beim Sonnenplatz, bei den Sport- und Freizeitanlagen Gersag und Mooshüsli sowie am Seetalplatz beobachten.

Auf Anfrage von zentralplus hebt auch Gemeindepräsidentin Ramona Gut-Rogger die «gute Aufenthaltsqualität» des Emmen-Centers hervor. Es sei in der Gemeinde ein Begegnungsort unter vielen. Denn für Gut-Rogger ist klar: «Die Gemeinde Emmen verfügt über kein eigentliches Dorfzentrum.»

Gerliswilstrasse war einst die Weggisgasse Emmens

Dem war nicht immer so. Hätte es vor 50 Jahren im Brettspiel «Monopoly» ein Grundstück in Emmen gegeben – es wäre an der Gerliswilstrasse gelegen. Dort traf sich bis Ende der 70er-Jahre die Emmer Bevölkerung zum Flanieren, Einkaufen oder auf ein Bier. Rund 80 Geschäfte säumten die Strasse, die vom Seetalplatz zur Sprengi führt. Diese schlossen sich 1974 noch vor Eröffnung des Emmen-Centers zur IG Pro Gerliswilstrasse zusammen.

Mit diversen Aktionen wie etwa einem Bus, der Personen aus allen Ecken der Gemeinde an die Gerliswilstrasse verfrachtete, versuchten sich die Ladenbesitzer der Einkaufsmeile gegen das Emmen-Center zu behaupten. «Hier ist der Kunde noch König» oder «Man fühlt sich nicht wie im Ameisenhaufen» waren die Kampfparolen gegen das Emmen-Center.

Im Hintergrund das bis heute existierende Tramhüsli an der Gerliswilstrasse in Emmenbrücke. Und die nicht mehr existierende CS-Filiale. Die Fotografie wurde am Gerliswilstrassenfest 1977 aufgenommen. (Bild: Aura) Zentralplus

Dieses wurde zum grossen Politikum. So sehr, dass der damalige Gemeindepräsident Oskar Vonmoos im Rahmen seiner Rede zur Eröffnung im Emmen-Center meinte: «Schon nur die Tatsache, dass ich hier überhaupt anwesend bin, entspricht in den Augen einer Gruppe von Mitbürgern einem Verrat.»

Aus einem Dorfzentrum wurde kein Dorfzentrum

Das Emmen-Center war nicht der einzige, am Ende aber wohl der ausschlaggebende Grund für den Niedergang der Gerliswilstrasse. In Maturaarbeiten oder in Beatrice Schumachers Buch «In Bewegung – Geschichte der Gemeinde Emmen» lassen sich die Gründe nachlesen. Dort steht auch geschrieben, dass Experten im Vorfeld der 1968 verabschiedeten Zonenplanung Emmens eine neue Zentrumsbildung empfahlen – ebendort, wo jetzt das Emmen-Center steht. Mit Hotel, Kino, Restaurants, Geschäfts- und Wohnhäusern.

Mit der Maus Frères AG fanden sich schliesslich auch potente Investoren. Bis heute gehört das Emmen-Center dem Genfer Unternehmen. Doch beim Bau des Einkaufszentrums blieb es denn auch. Auch, weil der Konjunktureinbruch Anfang 70er-Jahre zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt kam und sich für die anderen Projekte keine Geldgeber fanden.

Das Kino Maxx am Seetalplatz eröffnete erst im Jahr 2000. Und während die Gegend rund um das Emmen-Center heute durchaus urbanen Charakter aufweist, kann von einem Dorfzentrum im Sinne eines Treffpunkts für die Bewohner der Gemeinde nicht die Rede sein. Ob es in Emmen je wieder einen Ort wie die Gerliswilstrasse geben wird, bleibt offen. Die Gemeinde Emmen wolle aber verschiedene Begegnungszonen aufwerten, verrät Gemeindepräsidentin Ramona Gut-Rogger.

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